Die Veränderung der Arbeitswelt mit den Möglichkeiten der Digitalisierung ist auch in menschennahen Berufen wie der Pflege in vollem Gange. Die Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten reicht von Assistenzsystemen wie Sturzdetektoren, intelligenten Matratzen, Service-Robotern für den Essenstransport auf Stationen, Softwarelösungen, die die Pflegedokumentation und -planung erleichtern bis hin zur Telemedizin mit digitalen Arztkoffern oder Pflegebrillen. Doch wie gelingt die Einführung und Nutzung neuer Technologien, so dass sie tatsächlich genutzt werden und keine Doppelstrukturen entstehen? Was kann Digitalisierung zu einem gesünderen Arbeiten beitragen?
Auf der Online-Veranstaltung „Akzeptanz von Digitalisierung in der Pflege“ am 14. November wurden digitale Angebote vorgestellt, die in Förderprojekten des BMAS entwickelt wurden und mit unterschiedlichen Ansätzen die Arbeit in der Pflege verbessern sollen.
Wichtige Schlüsselfaktoren für Akzeptanz sind Partizipation bei Veränderungsprozessen sowie Wissensvermittlung und Kompetenzentwicklung im Umgang mit digitalen Technologien. Denn die Einführung neuer Technologien kann gewohnte Arbeitsabläufe verändern und verlangt ohnehin überlasteten Pflegekräfte u.U. die Aneignung neuer Kompetenzen ab. So stellte auch Vizepräsidentin des Deutschen Pflegerats auf der Veranstaltung fest:
Oft mangelt es nicht an Akzeptanz für Digitalisierung. Häufig sind es vielmehr die personellen und finanziellen Rahmenbedingungen, die Digitalisierung in der Pflege erschweren.
Irene Maier
Vizepräsidentin Deutscher Pflegerat
Kleine Weiterbildungs-Snacks für zwischendurch
Den knappen zeitlichen Ressourcen Rechnung tragend wurden im Projekt pulsnetz KI kleine digitale Lerneinheiten entwickelt, mit denen sich Mitarbeitende und Führungskräfte der Sozialwirtschaft selbstständig und ganz individuell weiterbilden können, um ihre persönlichen Handlungsfähigkeiten zu erweitern.
Die Online-Plattform bündelt Wissen rund um das gesunde Arbeiten. In interaktiven, grafisch aufbereiteten Lerneinheiten über gesundes Arbeiten in der Sozialwirtschaft wird den Nutzer*innen ein breites Themenspektrum beispielsweise zu Stressbewältigung oder ethischer Einführung von Technologien geboten.
Gesunde Dienstplangestaltung
Ein weiterer digitaler Raum des Zukunftszentrums ist die KI-Garage. In dieser wurde ein Demonstrator entwickelt, der dabei hilft, Dienstpläne gesund zu gestalten. Nutzer*innen können ihre Schichten in den Dienstplan eintragen, der dann mit den gesetzlichen Vorschriften, Empfehlungen von offiziellen Stellen sowie aus der Praxis abgeglichen wird. Durch den Abgleich erhalten Nutzer*innen Hinweise, wie sie ihren Dienstplan optimieren und somit bessere Rahmenbedingungen zur Entlastung des Personals schaffen können. Denn gute Rahmenbedingungen sind eine Grundvoraussetzung, um Veränderungsprozesse positiv gestalten zu können. Wie sich der digitale Transformationsprozess selbst gestalten lässt, ist Inhalt des Projekts Digital Companion.
Digitalisierung spielerisch angehen
In dem INQA-Projekt Digital Companion wurde ein Planspiel entwickelt, welches Impulse für ein partizipatives Changemanagement in Pflegeeinrichtungen gibt. Das Spiel existiert in analoger Form und kann seit kurzem auch in einer digitalen Version unter www.dico-planspiel.de gespielt werden.
Spielende schlüpfen in die Rollen von Einrichtungs- und Pflegedienstleitung, Wohnbereichs- bzw. Teamleitung, Pflegekräften sowie Mitarbeitendenvertretung, um gemeinsam die Digitalisierung in der Einrichtung voranzutreiben. In den Rollen durchschreiten sie im Spielverlauf einzelne Etappen des digitalen Transformationsprozesses und müssen dabei unvorhergesehene Ereignisse wie Hackerangriffe meistern. Mit den vorhandenen Ressourcen, dargestellt durch sogenannte Digicoins, erwerben sie Aktionskarten, die Einzelmaßnahmen im Transformationsprozess entsprechen. Entscheidend für einen guten Score ist in dem kooperativ angelegten Spiel, dass alle Spieler*innen vorankommen.
Akzeptanz für Digitalisierung gelingt dann, wenn Pflegekräften die Arbeit dadurch spürbar erleichtert oder die Pflegequalität für Klient*innen erhöht wird.
Dr. Frank Eierdanz
Institut für Technologie und Arbeit
Für Einrichtungen, die sich digital weiterentwickeln wollen, bietet das DiCo-Planspiel eine auflockernde Trockenübung, die für den Prozess sensibilisiert. Das Spiel bringt Beteiligte miteinander ins Gespräch und regt an, über die Wahl der Maßnahmen in den jeweiligen Phasen sowie deren Wirkung nachzudenken. Auf der Veranstaltung wurde das Spiel in zehn Einzelgruppen gespielt und lebhaft der Einsatz der Digicoins diskutiert.
Beratung & Qualifizierung rund um Digitalisierung
Pflegeeinrichtungen mit Sitz in Brandenburg, deren Mitarbeitende sich weiterbilden oder individuell beraten lassen wollen, können sich zudem an das Zukunftszentrum Brandenburg wenden.
Digitalisierung ist ein Querschnittsthema auf allen Ebenen: Von der Makroebene – den gesetzlichen Neuerungen, die Veränderungsprozesse in den Betrieben fordern, bis hin zur Mikroebene – den betrieblichen Anpassungsbedarfen, die sich aus den Umwälzungen in der Belegschaft ergeben.
Florian Breitinger
Zukunftszentrum Brandenburg
Als Einstieg führt das Zukunftszentrum in einem 14-tägigen Rhythmus Online-Veranstaltungen zu Beratungsthemen und -angeboten wie Personalgewinnung, digitales Berichtsheft oder agile Arbeitsmethoden durch. Neben Online-Qualifizierungsangeboten zu ausgewählten Themen bietet das Zukunftszentrum Verweisberatung an und kann bis zu fünf Tage individuell im Betrieb beraten.
Zur Schaffung von Akzeptanz für Digitalisierung in der Pflege sind wichtig
- Transparente Kommunikation in der Organisation über geplante Vorhaben
- Vorab die einrichtungsspezifischen Bedarfe ermitteln
- Alle Akteure, die von den Veränderungen betroffen sein werden, frühzeitig in den Prozess einbinden
- Technologien nach Möglichkeit erst mit einer Testgruppe/Abteilung erproben
- Ressourcen einplanen, damit Mitarbeitende Kompetenzen im Umgang mit den Technologien entwickeln können
Um den Folgen des Demografischen Wandels zu begegnen sind politische Anstrengungen auf unterschiedlichen Ebenen notwendig. Digitalisierung ist eines der Instrumente, um Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern, indem beispielsweise Prozesse vereinfacht werden. Die Veranstaltung hat gezeigt, dass es vielfältige Anlaufstellen gibt, an denen sich Pflegeeinrichtungen Unterstützung holen können, um die Potenziale der Digitalisierung in ihren Einrichtungen zu heben.
Die Veranstaltung war der Auftakt einer dreiteiligen kostenlosen Online-Veranstaltungsreihe. Den Nachbericht der zweiten Veranstaltung können Sie unter dem nachfolgenden Link lesen. Für die letzte Veranstaltung „Zukunftsfähige Pflege durch Kompetenzentwicklung“ können Sie sich hier anmelden:
Zukunftsfähige Pflege durch Kompetenzentwicklung
27.4.2022 / 10.00 – 12.00 Uhr
Anmeldung unter: https://demographie-netzwerk.de/termine/t/6330
Digitale Transformation in Pflegeeinrichtungen begleitet durch Verbände der Wohlfahrtspflege
9.3.2022 / 10.00 – 12.00 Uhr
Nachbericht unter: